Der Cubitalindex
Die
Vorderflügel der Bienen weisen eine feine Äderung mit deutlicher Unterteilung in
einzelne Zellen auf. Die unterschiedlichen Verhältniswerte der einzelnen
Aderabschnitte zueinander sind bei den geographischen Bienenrassen regional
verschieden und erbtreu. Man kann dieses Flügelgeäder leicht messen und sieht
im Cubitalindex das wichtigste Merkmal zur Unterscheidung der Rassen.
Für
die Praxis zur Unterscheidung bei den drei europäischen Bienenrassen ist das
Geäder der dritten Cubitalzelle wichtig (Abb. 15). Bereits ihre Form weist bei
der Dunklen Biene und der Carnica Unterschiede auf: bei der Dunklen Biene ist
die Zelle breit und gedrungen, bei der Carnica sehr viel länger und schlanker.
Durch Vermessung der Adern läßt sich der Unterschied noch deutlicher bestimmen.
Die
Grundader wird durch den rücklaufenden Nerv (Nervus recurrens) zweigeteilt,
nämlich in Teil a (zur Flügelwurzel hin) und in Teil b (zur Flügelspitze). Das
Verhältnis der beiden Längen zueinander, also a : b, bezeichnen wir als
Flügel-, fachwissenschaftlich als Cubitalindex.
Bei
der Dunklen Biene ist dieser Verhältniswert kleiner als zwei, bei der Ligustica
und der Carnica soll er größer als zwei sein, d.h. die Teilstrecke b läßt sich
zweimal in a unterbringen.
Abbildung 15
Das Geäder im Vorderflügel (Zeichnung: Focke)
Zur
Flügelmessung werden 50 Bienen benötigt. Dabei werden bei jeder Probe immer die
Flügel der gleichen Seite - also entweder rechte oder linke Seite - gemessen.
Mit einer Pinzette werden die toten Bienen an der Brust gefaßt und mit einer
Schere immer der Flügel der gleichen Seite abgetrennt. Die Flügel sammelt man
in einem Glasschälchen (Uhrglas) oder auf einer weißen Unterlage. Als
Objektträger benutzt man zwei dünne Glasscheiben (20 x 2 cm) die man
längsseitig mit Tesafilm scharnierartig zusammenklebt. Mit einer Zeichenfeder
oder mit Hilfe des Umlarvlöffelchens legt man die Flügel auf die eine
Glasscheibe und klappt die andere darüber (Abb. 16).
Abbildung 16
Präparieren der Flügel auf Objektträger
(Zeichnung: Falkenberg)
Um
ein Wegwehen der Flügel (Luftzug!) zu verhindern, benutzt man Glyzerin, das
aber die Klarheit des mikroskopischen Bildes beeinflussen kann. Man benetzt
daher nicht die ganze Objektträgerfläche, sondern trägt es streifenweise mit
einem Pinsel auf und legt die Flügel nur mit der Flügelwurzel auf diese
Glyzerinstreifen. Statt des Glyzerins kann man auch 15 mm breites
Tesa-Doppelband benutzen. Man klebt drei bis fünf Millimeter breite Streifen auf
die Glasscheibe und zieht die Schutzschicht ab. Durch leichtes Andrücken werden
die Flügel so aufgeklebt, daß die Flügelspitzen mit den Cubitalzellen frei
bleiben. So erhält man ein sehr klares mikroskopisches Bild mit äußerst genauen
Meßwerten.
Statt
Glycerin oder Tesa-Doppelband kann man auch mit handelsüblichen Klebstiften
(Pritt-Stift, Tesa Kleber) die zu messenden Flügel an ihrem schmalen Ende auf
dem Objektträger fixieren.
RUTTNER
rät, die abgetrennten Flügel in ein Gefäß mit Spiritus zu geben, dem etwas
Zucker beigemischt ist. Man legt dann die wieder herausgefischten Flügel in
einer Reihe auf den Objektträger. Durch den Zucker kleben diese nach dem
Verdunsten des Spiritus auf der Glasscheibe. Darüber wird mit Tesa eine zweite
Glasscheibe fixiert.
Die
österreichische Bundesanstalt für Bienenkunde hat eine eigene Vorrichtung zum
Präparieren der Flügel entwickelt (Abb. 17+18). Sie werden hier nicht zwischen
zwei Objektträgern, sondern zwischen zwei Tesafilm-Streifen befestigt. Dieses
leicht selbst herzustellende Gerät ist dort empfehlenswert, wo viele Proben
anfallen, z.B. bei den Merkmals-Untersuchungsstellen.
Die
Vorrichtung besteht aus einer ca. sieben Zentimeter breiten Leiste, an deren
beiden Enden je eine Tesa-Rolle von 25 mm Breite angebracht ist.
Abbildung 17
Vorrichtung zum Präparieren von Flügeln. Darunter Flügel zwischen Tesastreifen.
(Zeichnung: BA. Lunz)
In
der Leiste befindet sich eine ca. zwei Millimeter tiefe Nut in der Breite des
Tesa-Streifens, in der dieser geführt wird. Zunächst wird der Tesa-Streifen von
der rechten Rolle durch diese Nut gezogen, dabei zeigt die klebende Seite nach
oben. Darauf werden die zu messenden Flügel aufgelegt und ausgerichtet. Auf
einem kleinen Zettel fügt man die Nummer des Volkes und die Zuchtbuchnummer der
Königin hinzu. Mit dem Tesa-Streifen von der linken Rolle überklebt man die
Flügel von oben. Eine Messingrolle, die von einem Gummiring gehalten wird,
drückt den Streifen mit der klebenden Seite nach unten gegen die Unterlage.
Sodann schneidet man den Streifen in der erforderlichen Länge ab. Die Streifen
können wie die Glasstreifen unter dem Mikroskop gemessen werden. Anschließend bewahrt man die
präparierten Flügel zusammen mit den Untersuchungsergebnissen auf. Eine spätere
Nachprüfung ist auf diese Weise jederzeit möglich.
Abbildung 18
Flügel werden auf dem Tesastreifen aufgelegt