Die Entnahme von Körproben
Zur merkmalsmäßigen Beurteilung der Völker müssen einwandfreie Körproben zur Verfügung stehen.
Für die orientierende Untersuchung eines Volkes im ersten Lebensjahr der Königin (Vorkörung) werden in der Regel 25 Arbeitsbienen benötigt. Die genaue merkmalsmäßige Beurteilung eines Volkes (Vollkörung) macht die Entnahme von mindestens 50 Bienen, in besonderen Fällen von 100 Bienen und von mindestens 50 Drohnen erforderlich. Für die Körung eines Drohnenvolkes reicht die Untersuchung von 50 Drohnen aus.
Eine Unterkühlung der Bienenbrut während der Entwicklungszeit beeinträchtigt die Ausgestaltung des Flügelgeäders und die Panzerausfärbung. Deshalb sollten im zeitigen Frühjahr keine Proben nach Eingriffen ins Brutnest oder aus schlecht isolierten Begattungskästchen (EWK) entnommen werden.
Sowohl bei den Bienen, besonders aber auch bei den Drohnen ist darauf zu achten, daß sie wirklich von der Königin des zu körenden Volkes stammen. Deshalb ist es nicht zulässig, die Bienen am Flugloch zu sammeln oder sie ohne besonders Vorsichtsmaßnahmen durch Abfegen einer Wabe zu gewinnen. Bei der im allgemeinen engen Aufstellung unserer Bienenvölker ist die Wahrscheinlichkeit des Zuflugs fremder Bienen sehr groß. Es gibt andere Möglichkeiten, einwandfreie Körproben von Arbeitsbienen zu gewinnen:
a) Kontrollierter Bienenschlupf
Nachkommen der zu beurteilenden Königin erhält man mit Sicherheit, wenn man die Bienen kontrolliert schlüpfen läßt. Dazu gibt man eine schlüpfreife Brutwabe ohne Bienen in einen Brutschrank, oder man steckt über die schlüpfende Brut ein Aufsteckgitter wie es zum Zusetzen von Königinnen benutzt wird (Schlütergitter). Bei Verwendung eines Brutschrankes kann man die geschlüpften jungen Bienen von der Wabe absammeln. Wenn man ein Aufsteckgitter verwendet, dann schiebt man ein Stück Karton zwischen Gitter und Wabe und hat so die Bienen im Gitter (Abb. 4). Anschließend gibt man sie in eine Schachtel.
Abbildung 4 Abfangen von kontrolliert geschlüpften Bienen |
b) Absammeln von Jungbienen
Der erfahrene Imker erkennt Jungbienen sehr sicher. Soeben aus der Zelle gekrochen, sind sie mit älteren Bienen nicht zu verwechseln. Mit noch recht weichem Körper wirken sie etwas unbeholfen; die Haare, vornehmlich an der Brust, scheinen wie am Körper angeklebt. Die gleichen Merkmale wie bei Arbeitsbienen kann man auch an frisch geschlüpften Drohnen erkennen, sie färben allerdings etwas schneller aus. Bei schrägem Lichteinfall auf die Wabe sind Jungbienen besonders gut zu erkennen. Dabei kann man sie rasch von der Wabe einzeln absammeln, indem man sie mit Daumen und Zeigefinger an den Flügeln faßt (Abb. 5).
Abbildung 5 Absammeln von Drohnen. Die Drohnen werden zwischen Daumen und Zeigefinger an den Flügeln gefaßt. |
c) Abschlagen von Jungbienen
Beim Absammeln einzelner Tiere besteht die Gefahr, daß Bienen mit Flankenzeichen oder Ringen unbewußt beiseite gelassen werden und nicht in die Probe gelangen. Das läßt sich vermeiden, wenn man eine Wabe mit auslaufender Brut und vielen Jungbienen über einem Zeitungs- oder Pappbogen abschlägt. Ältere Bienen fliegen bei Rauchzugabe und schüttelnden Bewegungen rasch wieder ab, und so bleiben innerhalb kurzer Zeit langsam krabbelnde Jungbienen auf der Unterlage zurück, die man sodann in eine Pappschachtel gibt (Abb. 6).
Abbildung 6 Auf Zeitung abgeschlagene Jungbienen |
Drohnen fühlen sich überall zu Hause, sie verfliegen sich leicht und werden auch von fremden Völkern ohne weiteres angenommen. Deshalb läßt man die zur Merkmalsuntersuchung benötigten Drohnen am besten im abgesperrten Honigraum oder unter dem Schlüpfrahmen schlüpfen. Dieser muß aber mit Absperrgitter versehen sein, damit die geschlüpften Drohnen von den Bienen gepflegt werden können.
Zum Aufbewahren und zum Transport von Bienen- und Drohnenproben eignen sich weiträumige Käfige oder Pappschachteln. Gefäße wie Blechschachteln, Plastikbeutel oder Gläser sind gänzlich ungeeignet, weil die Bienen darin feucht werden (Abb. 7).
Abbildung 7 Transportkäfig aus Holz. Die Öffnung wird durch ein Blech verschlossen |
Es läßt sich nicht vermeiden, die zur Untersuchung vorgesehenen Tiere abzutöten. Eine Möglichkeit besteht darin, alle Schachteln oder Käfige mit den darin befindlichen Proben in einen Behälter zu geben und abzuschwefeln. Die Anwendung von Äther ist nicht zu empfehlen, da bei diesem Verfahren die Tiere häufig den Inhalt ihrer Honigblase erbrechen und sich gegenseitig verschmieren. Dadurch werden spätere Untersuchungen erschwert. Am einfachsten ist das Verbringen in einen Gefrierschrank oder in das Gefrierfach eines Kühlschrankes über 24 Stunden. Hier kann man auch die im Frühjahr oder Sommer gesammelten Proben bis zum Winter aufbewahren, um sie zu untersuchen, wenn man Zeit und Muße hat. Man schüttet die Proben einige Stunden vor der Beurteilung auf ein saugfähiges Papier (Vlies oder Küchenhandtuch); sie sind dann sauber und trocken wie frisch entnommene Proben.
Besser ist es, lebende Proben einzuschicken. Diesen darf jedoch kein Futter beigegeben werden. Bei Lebendversand von Drohnen sind einige Bienen mitzugeben. Man tut auch gut daran, in die Versandschachtel etwas Löschpapier einzulegen, das den ausgeschiedenen Kot aufsaugt, weil sonst die Proben verschmieren. Meist kommt die Sendung noch lebend bei der Untersuchungsstelle an und wird dort in die Kühltruhe verbracht. Bei vorherigem Abtöten und längerer Transportdauer (Wochenende) können die Proben bei Hitze schnell in Zersetzung übergehen.
Auf jeder Probesendung müssen deutlich lesbar der Einsender, Rasse/Linie, Zuchtbuchnummer der Königin (möglichst auch noch deren Mutter, um dem Zuchtobmann die Einordnung der Probe zu erleichtern), sowie die Nummer des Volkes vermerkt sein.
Einsender: F. Tiesler Bardenfleth 31 26931 Elsfleth
Rasse/Linie: C - T 1075
Zb.Nr.: 98/72 (To. von 54/70)
Volk Nr.: 10
Belegstelle: Wangerooge
Nicht alle Züchter nehmen die Merkmalsuntersuchungen selbst vor. Sie können diese auch bei den Untersuchungsstellen der einzelnen Imker- Landesverbände gegen Gebühr durchführen lassen (zwischen 15,- und 30,- EUR je Probe). Die Anschriften dieser Untersuchungsstellen sind über die Zuchtobleute der Imker- Landesverbände zu erfahren.